SPD-Oberbürgermeister Manfred Wagner hat im letzten Monat die neue Dezernatsverteilung dem Magistrat der Stadt mitgeteilt, nachdem das Parlament Jörg Kratkey zum 4. hauptamtlichen Dezernenten der Stadt Wetzlar gegen die Stimmen von CDU und FDP gewählt hat. SPD, Grüne und Freie Wähler waren dafür. Wie planlos das Ganze war, kann man unschwer daran erkennen, dass man dem neuen Dezernenten überhaupt erst einmal ein paar Aufgabengebiete zuweisen musste. Der Oberbürgermeister, traditionell zugleich auch der Kämmerer, also der Herr über die Zahlen, macht es sich leicht. Er übergibt das Finanzdezernat Jörg Kratkey.

Stadtverordneter Michael Hundertmark (CDU) hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Finanzen Chefsache zu sein hätten, so wie das auf Kreisebene, aber auch auf Stadtebene, seit Jahrzehnten der Fall ist. Aber es ist ja auch einfacher, den „Grüßaugust“ zu spielen, anstatt sich mit der rauen Lebenswirklichkeit, den nüchternen Zahlen, zu befassen.

Ehrenamtliche Stadträte ausgebootet

Es war über Jahrzehnte eine gute Tradition, dass auch Vertreter der Opposition ehrenamtliche Stadträte, also eine zusätzliche Funktion, erhalten.

So ist Partnerschaftsdezernent Karlheinz Kräuter (SPD) in den 18 Jahren der bürgerlichen Koalition von CDU, FDP und FWG immer getragen und als Dezernent bestätigt worden. Das war unstreitig. In der letzten Legislaturperiode hatte Ruth Viehmann (CDU) ehrenamtlich das Dezernat für die Volkshochschule übernommen und Sigrid Kornmann das Dezernat für die Kultur. Beide haben höchst engagiert ihr Dezernat eigenverantwortlich in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachbeamten geleitet, ein Höchstmaß an Einsatz gezeigt, und zur „Belohnung“ nimmt man ihnen das Dezernat weg, weil man ein Aufgabenfeld für den 4. Hauptamtlichen benötigt.

Abgesehen davon, dass damit die ehrenamtliche Arbeit diskreditiert wird (der einzige Ehrenamtliche, der noch ein Dezernat hat, ist Karlheinz Kräuter), kündigt man damit die stille Vereinbarung auf, auch die Opposition in die Magistratsarbeit einzubinden. Für das politische Klima schlecht. Politische Größe sieht anders aus.

Das hat es in der Geschichte der Stadt Wetzlar noch nicht gegeben, dass im August eines Jahres noch kein genehmigter Haushaltsplan für das aktuelle Jahr vorliegt. Das Ergebnis ist, dass die Stadt keine freiwilligen Leistungen an die Vereine leisten kann, sondern nur das verausgaben kann, was gesetzlich fixiert ist. Die spricht nicht für den Magistrat und die Mehrheit des Stadtparlamentes. Diese Mehrheit hatte vor der Wahl einen Etat beschlossen mit ungedeckten Ausgaben in der Größenordnung von 8,5 Millionen Euro.

Das Veto des Regierungspräsidenten war zu erwarten. Aber vor der Wahl hatte man offensichtlich nicht den Mut, auf Steuererhöhungen oder Einsparungsnotwendigkeiten hinzuweisen. Man wollte am 6. März die Kommunalwahl erst einmal hinter sich bringen. Das böse Erwachen kommt jetzt, denn die Bürger zahlen die Zeche für eine in den letzten Jahren verfehlte Finanzpolitik der Stadt Wetzlar, die immerhin seit 2011 von einer Koalition aus SPD, FWG und Grünen geführt wird.

CDU-Fraktionschef Andreas Altenheimer hatte deshalb in der Debatte im Parlament zu Recht darauf hingewiesen, dass man 2011 zwar einen Kassensturz angekündigt habe, strukturelle Veränderungen oder Verbesserungen. Seitdem habe es auch nicht ansatzweise gegeben. Stattdessen habe man im Gegensatz zu den Versprechungen vor der Wahl 2011 jetzt doch einen 4. Hauptamtlichen installiert, um einen Parteigänger mit einem entsprechend lukrativen Posten zu versehen. „Wenn man kein Geld in der Tasche hat“, so Altenheimer, „dann kann man dies auch nicht für einen 4. Hauptamtlichen ausgeben.“ Er kritisierte zudem die Aufblähung im Umweltdezernat in der Verantwortung des Dezernenten Kortlüke (Grüne) und seiner Öko-Manie (die „Essbare Stadt“ lasse grüßen).

Jetzt soll erneut die Grundsteuer B angehoben werden, die im Jahr 2011 noch bei 5,8 Millionen Euro lag und aktuell bei 9,9 Millionen Euro. Eine weitere drastische Erhöhung belastet nicht nur die Besitzer von Häusern und Baugrundstücken, sondern auch Mieter, da die Nebenkosten umgelegt werden können.

Grüne Preistreiber

Ursprünglich sollte die Erhöhung in zwei Schritten bis zum Jahr 2018 vorgenommen werden. Doch die Grünen lehnten dies ab und beantragten stattdessen, das in einem Rutsch vorzunehmen. Dem folgten SPD und FWG. Das heißt, der Steuersatz wird dann von 490 Prozentpunkten auf 590 steigen. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass der Besitzer eines durchschnittlichen Einfamilienhauses in Wetzlar statt 434 Euro künftig rund 530 zahlen muss.

Die Stadt, so Altenheimer, brauche eine ehrliche Bestandsaufnahme über die Andreas Altenheimer Verwaltungsstrukturen und das Personal (die Kosten hier seien von 2010 33,1 Millionen auf 2016 41 Millionen Euro gestiegen), eine realistische Einschätzung der Gewerbesteuer und die Überprüfung von Standards.

Man sei grundsätzlich bereit gewesen mitzuwirken, aber wenn man einen 4. Hauptamtlichen vorgesetzt bekomme, obwohl man kein Geld in der Kasse habe, und gleichzeitig die einzige ehrenamtliche Dezernentin abgeben müsse, dann sei das keine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit.