4. Hauptamtlicher in Wetzlar ist eine Ohrfeige für das Ehrenamt

4. August 2016

SPD-Oberbürgermeister Manfred Wagner hat im letzten Monat die neue Dezernatsverteilung dem Magistrat der Stadt mitgeteilt, nachdem das Parlament Jörg Kratkey zum 4. hauptamtlichen Dezernenten der Stadt Wetzlar gegen die Stimmen von CDU und FDP gewählt hat. SPD, Grüne und Freie Wähler waren dafür. Wie planlos das Ganze war, kann man unschwer daran erkennen, dass man dem neuen Dezernenten überhaupt erst einmal ein paar Aufgabengebiete zuweisen musste. Der Oberbürgermeister, traditionell zugleich auch der Kämmerer, also der Herr über die Zahlen, macht es sich leicht. Er übergibt das Finanzdezernat Jörg Kratkey.

Stadtverordneter Michael Hundertmark (CDU) hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Finanzen Chefsache zu sein hätten, so wie das auf Kreisebene, aber auch auf Stadtebene, seit Jahrzehnten der Fall ist. Aber es ist ja auch einfacher, den „Grüßaugust“ zu spielen, anstatt sich mit der rauen Lebenswirklichkeit, den nüchternen Zahlen, zu befassen.

Ehrenamtliche Stadträte ausgebootet

Es war über Jahrzehnte eine gute Tradition, dass auch Vertreter der Opposition ehrenamtliche Stadträte, also eine zusätzliche Funktion, erhalten.

So ist Partnerschaftsdezernent Karlheinz Kräuter (SPD) in den 18 Jahren der bürgerlichen Koalition von CDU, FDP und FWG immer getragen und als Dezernent bestätigt worden. Das war unstreitig. In der letzten Legislaturperiode hatte Ruth Viehmann (CDU) ehrenamtlich das Dezernat für die Volkshochschule übernommen und Sigrid Kornmann das Dezernat für die Kultur. Beide haben höchst engagiert ihr Dezernat eigenverantwortlich in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachbeamten geleitet, ein Höchstmaß an Einsatz gezeigt, und zur „Belohnung“ nimmt man ihnen das Dezernat weg, weil man ein Aufgabenfeld für den 4. Hauptamtlichen benötigt.

Abgesehen davon, dass damit die ehrenamtliche Arbeit diskreditiert wird (der einzige Ehrenamtliche, der noch ein Dezernat hat, ist Karlheinz Kräuter), kündigt man damit die stille Vereinbarung auf, auch die Opposition in die Magistratsarbeit einzubinden. Für das politische Klima schlecht. Politische Größe sieht anders aus.

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