Am 15. Juni bekennt die alte und neue Wetzlarer Koalition im Rathaus Farbe und sichert sich mit den Stimmen der Partei DIE LINKE bei der Wahl des Bürgermeisters Harald Semler (FW) und dem neuen 4. Hauptamtlichen, Stadtrat Jörg Kratkey (SPD), ab. Die Koalition aus Grünen, SPD und Freien Wählern (FW) hat seit der Kommunalwahl am 6. März 2016 nur noch 30 Sitze im Wetzlarer Rathaus (von 59 Stadtverordneten).

„Selbstverständlich war es eine geheime Wahl, allerdings konnten sich die beiden Stadtverordneten der Partei DIE LINKE das breite Grinsen im Gesicht nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses nicht verkneifen“, so Parteivorsitzender der CDU Wetzlar und Stadtverordneter, Michael Hundertmark. „Eine neue Ära im Rathaus bricht an, wird man die Stimmen doch nicht ganz ohne politische Zugeständnisse an die Vertreter der SED-Nachfolgepartei erhalten haben“, so Hundertmark weiter. Die Stadtverordneten und vor allem die Wetzlarer Einwohner können gespannt sein, mit welchem linken Gedankengut die Wetzlarer Politik sich nun weiter beschäftigen darf, soviel sei sicher. Bislang seien die Nerven mit Ideen wie der „essbaren Stadt“, bei der öffentliche Flächen wie Parks und Grünstreifen für den Obst- und Gemüseanbau zweckentfremdet werden sollen, schon reichlich strapaziert worden.

Eine weitere Posse war dann die Vereidigung der neu gewählten Mitglieder des Magistrats: Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) verzichtete auf das Anlegen der Amtskette, ein Bruch lange gelebter Tradition. Das Tragen der Amtskette ist dem Stadtoberhaupt vorbehalten und ist ein Symbol für die städtische Selbstverwaltung. Das Weglassen kann aus Sicht der CDU nur als demütige Geste des Oberbürgermeisters zu verstehen sein, da er seitens der Aufsichtsbehörde eben diese Selbstverwaltung (teilweise) durch das Nichtgenehmigen des Städtischen Haushaltes 2016 entzogen bekommen hat.

Man kann das Projekt „Essbare Stadt“ umtaufen wie man will, es ist und bleibt grüne Spinnerei, anders kann man das nicht bezeichnen. Die Bürger sollen auf zugeteilten Grünflächen Obst und Gemüse anbauen, und wenn es soweit ist, kann sich jeder bedienen. Die Freude wird groß sein, wenn man sich die Arbeit macht und andere ernten. Abgesehen davon gibt es in Wetzlar genügend private Grünflächen, schöne Schrebergarten- und Kleingartenanlagen, ist Wetzlar im ländlichen Raum des Kreises eingebettet und kaum mit großstädtischem Flair versehen.

Niemand weiß im Übrigen, was das Ganze kosten soll. Deshalb hat der grüne Stadtrat im Umweltausschuss der Stadt auch heftige Kritik einstecken müssen. Klaus Breidsprecher (CDU) verwies auf die nicht bezifferbaren Kosten. Petra Weiß (CDU) wies darauf hin, dass Kortlüke die negativen Erfahrungen, beispielsweise in Andernach, verschweige. Etwas abgehoben von der Lebenswirklichkeit meinte Ex-Landrat Ihmels (SPD), dass das Projekt einer „Entsolidarisierung der Gesellschaft“ entgegenwirken könne.

Aus Sicht der CDU, so Katja Groß, ein Projekt, dessen Misserfolg vorprogrammiert ist. Wie viele Schulgärten gab es vor Jahren, die mehr oder weniger lange existierten, so lange die Projektbetreiber an Bord waren. Aber im Laufe der Jahre ist die Begeisterung gesunken, und es gibt kaum noch funktionsfähige Schulgärten, so schön sie im Grunde genommen sind. Bei einer „Essbaren Stadt“, wo keiner direkt die Verantwortung hat, wird das erst Recht so sein. Hinausgeworfenes Geld.