Stadt: „Keine neuen Erkenntnisse“

Interessensvertretung für die Bürger der Stadt Wetzlar sieht anders aus, als es derzeit von der Stadt Wetzlar gehandhabt wird, und zwar bezogen auf die Frage des Erdaushubes von „Stuttgart 21“ und der damit verbundenen Verfüllung von 2,5 Millionen Kubikmeter im Steinbruch Malapertus bei Hermannstein.

Die CDU-Fraktion im Wetzlarer Stadtparlament, so Stadtverordneter Dennis Schneiderat, habe sich vor Ort umgeschaut und mit Anwohnern gesprochen, die berechtigterweise Sorgen bezüglich der Anlieferung haben. Bei dem gesamten infrage stehenden Volumen wäre damit zu rechnen, dass möglicherweise ca. 200 LKW täglich notwendig werden, um den angelieferten Aushub nach Hermannstein zu bringen. Dass dies eine Belastung der Anwohner gerade im Bereich der Bahnhofstraße und der Kreisstraße in Garbenheim durch Lärm und Abgase mit sich bringt, liegt auf der Hand. Auch die Qualität des Straßenzustandes würde darunter leiden. Initiativen bei der Stadt, vom zuständigen Dezernenten etwas zu erfahren, scheiterten. CDU-Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Irmer hatte, in Absprache mit der CDU-Fraktion, mit Datum vom 13.8. den Dezernenten der Stadt Wetzlar, Kortlüke (Grüne), angeschrieben und um Auskunft gebeten, ob diesbezüglich neue Erkenntnisse vorlägen. Mit Datum vom 18.8. teilte Kortlüke mit, dass der Stadt solche nicht bekannt seien.

Dank an die WNZ

Umso verwunderter, so Schneiderat, habe die CDU-Stadtverordnetenfraktion zur Kenntnis nehmen müssen, dass die WNZ in ihrer Ausgabe vom 22.8. inhaltlich sehr ausführlich auf die Problematik eingegangen sei. Es wäre normalerweise Aufgabe des Dezernenten gewesen, sich bei der Bahn oder der Firma HeidelbergCement im Sinne der Bürger sachkundig zu machen. Es gebe eine Bringschuld des Magistrates und keine Hohlschuld der Bürger.

CDU-Fraktion fordert zeitnahe Umsetzung weiterer Bauabschnitte und vermisst ein Gesamtkonzept für die Burganlage

„Die CDU-Fraktion im Wetzlarer Stadtparlament vermisst ein klares Signal und ein Gesamtkonzept der rot-grünen Stadtregierung, wie Wetzlars Wahrzeichen in Zukunft aussehen soll sowie eine deutliche Aussage, ob und in welcher Weise er in weiteren Bauabschnitten saniert werden soll“, so Dr. Fritz Teichner, Stadtverordneter und Kalsmunt-Experte.

Die ehemalige Reichsburg Kalsmunt liegt für alle gut sichtbar hoch über dem Zusammenfluss von Lahn und Dill sowie der schützenden ehemaligen Reichsstadt Wetzlar. Sie entstand im späten 12. Jahrhundert unter Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) am Nordrand seines Reiches und fügt sich in eine Reihe stauferscher Reichsburgen ein. „Der Bergfried gehört neben dem Dom und der Alten Lahnbrücke zu den heute noch stadtbildprägenden historischen Baudenkmälern“, führt Dr. Teichner weiter aus. Der heute noch elf Meter hohe markante Bergfried ist zweifelsfrei das älteste erhaltene Bauteil, auf dem höchsten Punkt, der früher wohl nicht bewaldeten Basaltspitze, und ist klar als Bergfried auch aus der Ferne erkennbar.

„Wir sollten uns bewusst machen, dass es sich um eine Reichvogtei von Friedrich Barbarossa handelt, die zum Schutz und zur Kontrolle der aufstrebenden Reichsstadt Wetzlar gebaut wurde“, so der Stadtverordnete. Und weiter: „Dies war mit zahlreichen Privilegien des Kaisers verbunden und dokumentierte Wetzlars Reichszugehörigkeit.“ Es handelt sich um eine Burganlage mit Wohnbauten, Wirtschaftsgebäuden, Burgkapelle, Schutzmauern und Toranlagen. Am Außenbereich lassen sich noch heute Wall und Graben erkennen. Hier wohnten neben dem Reichsvogt auch die Burgmannschaften, die Lehngut erhalten haben und meist aus dem Niederadel der Region stammten. Ihre Anteile fielen um 1500 an die Grafen von Nassau-Weilburg, die hier auch einen Amtssitz errichteten.

Das Leben auf der Burg war beschwerlich. Die Rittergeschlechter wechselten häufig und somit auch die Eigentumsverhältnisse. „Die Burg wurde niemals belagert, bedrängt oder erobert“, so Kalsmunt-Experte Dr. Teichner weiter. 1536 erwarb Landgraf Philipp von Hessen die Rechte als Vogt über die Burg, bereits 1604 gingen diese an die Grafen von Hessen-Darmstadt über. Die Burg war bereits dem Verfall preisgegeben. Der Vogt wohnte nur kurz in den Mauern. Wetzlarer Bürger holten sich längst Holz und Steine vom Berg, um ihre Häuser in der Stadt zu bauen. 1609 ließ der damalige Vogt die Burgruine vermessen und zeichnen. So entstand der älteste bekannte Grundriss der Burganlage.

In den Jahren 1740 bis 1742 gab es Überlegungen, die Burg zu einer Festung auszubauen, diese wurden aber aus Kostengründen verworfen. Die Burg verfiel weiter und wurde zur Ruine. 1803 wurde sie von der Stadt Wetzlar übernommen. Der Wetzlarer Geschichtsverein ließ den Turm 1836 zu einem Aussichtsturm umbauen. Dazu wurde ebenerdig ein Eingang gebrochen, denn vorher erfolgte der Zugang über ein eigenes Aufgangsgebäude mit Zugbrükke in Höhe des 3. Stockwerks. 1871 wurde eine eiserne Wendeltreppe eingebaut, die 1928 durch eine Betontreppe ersetzt wurde.

„Noch im selben Jahr wurden große Teile der spätmittelalterlichen zwingerartigen Anlagen der äußeren Ringmauer freigelegt“, erläutert Dr. Teichner.

Bekanntermaßen wurden in den vergangenen Jahren überwiegend nur Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt, seit 2010 ist der Turm wegen fehlender Verkehrssicherheit für Besucher gesperrt.

Der erste Bauabschnitt der Sanierung ist nun seit kurzer Zeit abgeschlossen. „Der CDU-Fraktion ist es zu verdanken, dass es in absehbarer Zeit zu einer Öffnung des Kalsmunts kommen wird, denn der ursprüngliche Beschluss sah keine Öffnung für Besucher vor“, führt der Stadtverordnete aus und ergänzt: „Es müssen allerdings weitere Bauabschnitte folgen, da im ersten Bauabschnitt hauptsächlich die Überdachung des Treppenauges und die Sanierung der Betontreppe, aber nicht die Außenflächen berücksichtigt wurden.“ Temporär sollen daher ergänzende Sicherheitsmaßnahmen sowie eine Überdachung des Eingangsbereiches die Besucher vor herabfallenden Stein- und Mörtelbrocken schützen. „Dies kann allerdings keine Dauerlösung sein“, verdeutlicht Dr. Teichner. Die CDU-Fraktion fordert daher ein Gesamtkonzept, wie Wetzlars Wahrzeichen in Zukunft aussehen soll, sowie eine deutliche Aussage von der rot-grünen Stadtregierung um den zukünftigen Oberbürgermeister Wagner, ob und in welcher Weise er in weiteren Bauabschnitten saniert werden soll. Der Kalsmunt besteht bekannter-maßen nicht nur aus dem Turm, sondern einer großflächig gegliederten Anlage, die man sichern und sanieren sollte. „Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang dem Förderverein Kalsmunt e.V. mit seinem Vorsitzenden OStR Thorsten Rohde, der mit seinen Veranstaltungen den Kalsmunt wieder in das Bewusstsein der Wetzlarer gebracht hat, sowie PD Dr. Felix Teichner und seinen Studierenden von der Philipps-Universität Marburg, die mit ihrer Arbeit unser Wissen über den Kalsmunt erheblich erweitert haben“, zeigt sich Dr. Teichner begeistert.

Als einen ersten Schritt, um auf die Wichtigkeit der ehemaligen Reichsburg Kalsmunt aufmerksam zu machen, fordert die CDU-Fraktion die Anbringung einer Informationstafel mit Hinweis auf die historische Bedeutung sowie eine Gesamtdarstellung der Burganlage. Ferner wäre auch das Anbringen einer sog. Windrose mit Hinweisen zur Denkmaltopographie auf der Turmplattform nützlich. „Zeitnah müsste allerdings der gesamte Bereich gesäubert, das Altholz abgefahren, der Baumbestand gelichtet, sonstiger Bewuchs entfernt sowie der Parkplatz hergerichtet und die Zugangswege zum Turm saniert und gesichert werden“, so Dr. Teichner abschließend.