Entschlossen für Wetzlar.
Urban gardening oder die essbare Stadt Wetzlar
Stadtrat Kortlüke (Grüne) hat zum Thema „essbare Stadt“ einen Bericht vorgelegt, den er im Auftrag der Stadtverordnetenversammlungverfassen sollte. In diesem „Erläuterungsbericht“ werden Erfahrungen anderer Städte mit dem Thema „urban gardening“ bzw. „essbare Stadt“ wiedergegeben. Wetzlars Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FW zieht in Erwägung, auch in Wetzlar städtische Flächen zum urbanen Gärtnern freizugeben. Um Ideen zur Umsetzung zu bekommen, aber auch Probleme im Vorfeld abzuklären, soll der von Kortlüke kürzlich vorgelegte Bericht dienen.
Als CDU-Fraktion haben wir uns schon bei der damaligen Beschlussfassung, einen „Erläuterungsbericht“ zu erstellen, enthalten. Wir haben ihn damals nicht abgelehnt, weil wir grundsätzlich keiner Überprüfung im Wege stehen, haben das ganze Vorhaben aber seinerzeit schon skeptisch gesehen. Unsere Skepsis ist mit dem vorliegenden Bericht bestätigt worden.
Die Intention des Berichtes war, herauszufinden, ob durch die Beteiligung der Wetzlarer beim Gärtnern in der Stadt möglicherweise Kosten eingespart werden können. Dies könnte beispielsweise beim Personal geschehen, wenn die Bürger die Grünflächen selbst pflegten, dann bräuchten dies nicht die städtischen Gärtner zu erledigen. Auch die Kosten für Saatgut usw. könnten reduziert werden, wenn die Bürger eigene Nutzpflanzen anbauten. Der Bericht ist in diesem Bereich sehr oberflächlich gestaltet. Leider findet man keinerlei Informationen bezüglich der Kostenaufwände der anderen Städte.
Was man allerdings in dem Bericht findet, sind Indizien dafür, dass es wohl zu Kostensteigerungen kommen muss, wenn man dieses Projekt verfolgt. Beispielsweise ist sogar mit einem erhöhten Personalaufwand zu rechnen, weil die städtischen Gärtner Saatgut und Gerätschaften bereitstellen, darüber hinaus auch ihr Fachwissen weitergeben müssen. In der städtischen Verwaltung müssten geeignete Flächen ausgesucht werden, es müssten Bürger gefunden werden, die sich um diese Flächen kümmern. Wildbepflanzung soll nicht erlaubt sein, d.h. die Flächen müssten durch städtische Mitarbeiter kontrolliert werden. Und dann stelle man sich mal vor, die „Paten“, die eine Fläche bewirtschaften, hätten keine Lust mehr darauf. Wer baut die Beete zurück, wer pflanzt wieder Zierpflanzen, wer bezahlt das?
Das ein Desinteresse an der „essbaren Stadt“ aufkommen kann, zeigt das Beispiel Stade. Stade in der Metropolregion Hamburg hat im Rahmen der „internationalen Gartenschau Hamburg 2013“ mit urbanem Gartenbau begonnen. Bereits unmittelbar nach der Gartenschau hat sich keiner mehr gefunden, der Interesse am urbanen Gartenbau hatte. Das Projekt ist inzwischen Geschichte!
Nach der Idee der Wetzlarer Rathauskoalition sollen die Flächen der „essbaren Stadt“ auch sozialer Treffpunkt sein. Sicherlich kann eine Nutzgartenfläche ein sozialer Treffpunkt sein, wenn mehrere Menschen zusammen an einem Projekt arbeiten. In Aachen kam es allerdings leider immer wieder zu Vandalismusschäden an den Flächen der „essbaren Stadt“. Hier ist zu überlegen, wie positiv sich der Zusammenhalt entwickelt, wenn wenige Menschen zusammen etwas erarbeiten und andere es direkt wieder zerstören.
In Kleve gab es auf den Flächen der „essbaren Stadt“ Probleme mit Hundekot. Daraufhin wurden diese Flächen eingezäunt. Das Problem mit dem Hundekot ist erledigt. Bevor es Flächen für urbanen Gartenbau wurden, konnten alle Bürger von Kleve diese Flächen nutzen, jetzt sind es nur noch die urbanen Gärtner. Steigert es den sozialen Zusammenhalt, wenn viele Bürger die öffentlichen städtischen Flächen nicht mehr nutzen können, weil ein paar wenige darauf Obst und Gemüse anbauen wollen?
Aus Sicht der CDU-Fraktion haben wir in Wetzlar keine Brachflächen, die wir durch urbanen Gartenbau aufhübschen müssten. Wir haben sehr viele und sehr schöne Ziergärten undschöne Parkanlagen. Diese Ekken in unserer Stadt sollten wir nicht durch wilden Gartenbau durch Jedermann verschandeln. Wenn wir tatsächlich Menschen unserer Stadt zusammenbringen wollen, dann sollten wir diesen vorhandene Schrebergärten anbieten, die sie gemeinsam bewirtschaften können. Darüber hinaus werden einige unserer Streuobstwiesen nicht mehr gepachtet. Auch diese könnte man gezielt an Interessierte vermitteln. Hierüber macht sich die Rathauskoalition leider keine Gedanken. Schade!